Aufzug zum Hambacher Schloss nur mit 15 Trommlern

Pressemitteilung Nr. 9/24

Die von der Stadt Neustadt/Weinstraße gegenüber der Veranstalterin (im Folgenden: Antragstellerin) einer für Sonntag, den 19. Mai 2024 angemeldeten Versammlung in Neustadt/Weinstraße angeordnete Auflage – Begrenzung des Einsatzes von Trommlern und Musikanten auf eine Höchstzahl von 15 Personen und Trommeln – ist rechtens. Dies geht aus einem Beschluss des Verwaltungsgerichts Neustadt/Wstr. vom heutigen Tage hervor.

Im Frühjahr 2024 meldete die Antragstellerin bei der Stadt Neustadt/Weinstraße (im Folgenden: Antragsgegnerin) eine Versammlung für den 19. Mai 2024 in Neustadt/Weinstraße Kandel mit dem Motto „Hambacher Fest 2024 – demokratisch und freiEinig“ an. Die erwartete Teilnehmerzahl gab die Antragstellerin zuletzt mit 3.000 – 5.000 Personen an. Die Versammlung soll um 11 Uhr mit einer Auftaktkundgebung auf dem Parkplatz  Festwiese beginnen und anschließend durch die Innenstadt und den Stadtteil Hambach über die Busschleife am Fuße des Hambacher Schlosses über die Schlossstraße und Eichstraße zum Parkplatz in der Dammstraße führen und gegen 17 Uhr mit einer Abschlusskundgebung enden.

Mit Bescheid vom 8. Mai 2024 ordnete die Antragsgegnerin mehrere Auflagen an, u.a. aus Lärmschutzgründen eine Begrenzung des Einsatzes von Trommlern und Musikanten auf eine Höchstzahl von 15 Personen und Trommeln.

Die Antragstellerin legte gegen die genannten Auflagen Widerspruch ein und suchte kurzfristig um vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutz mit der Begründung nach, die Auflage sei nicht gerechtfertigt. Als Veranstalterin einer Versammlung sei sie berechtigt, die Versammlung so auszugestalten, dass sie hiermit maximale Außenwirkung erzielen könne. Deshalb komme es nicht darauf an, ob sich Anwohner gestört fühlten. Ferner habe die Antragsgegnerin nicht das mildeste Mittel gewählt. So könnten Beschränkungen dahingehend getroffen werden, dass zwischen einzelnen Gruppen von Trommlern Abstände einzuhalten seien, so dass eine punktuelle Lärmüberschreitung nicht stattfinden könne. Darüber hinaus könnten Intervallzeiten festgelegt werden, so dass jede Gruppe von Trommlern ein Zeitfenster (15 Minuten) habe und hiernach mindestens fünf Minuten Ruhepause einzulegen habe.

Die 5. Kammer des Gerichts hat den Eilantrag der Antragstellerin mit folgender Begründung abgelehnt:

Die Antragsgegnerin habe in nicht zu beanstandender Weise eine Beschränkung des Einsatzes von Trommlern und Musikanten auf eine Höchstzahl von 15 Personen und Trommeln verfügt. Zwar gehöre zu den von Art. 8 Abs. 1 Grundgesetz (GG) geschützten Modalitäten einer Versammlung auch die Entscheidung des Veranstalters, welche Maßnahmen er einsetzen wolle, um sein kommunikatives Anliegen möglichst effektiv transportieren zu können. Im Zuge dessen könnten auch Trommeln zentrale, vom Grundrecht der Versammlungsfreiheit umfasste Kundgebungsinstrumente darstellen. Denn Art. 8 Abs. 1 GG stelle auch und gerade die Kontaktaufnahme zu Nichtteilnehmern der Versammlung unter Schutz. Das Selbstbestimmungsrecht des Veranstalters sei aber beschränkt, soweit durch die geplante Versammlung Rechtsgüter Dritter beeinträchtigt zu werden drohten. So gebiete es das berechtigte Interesse der Versammlungsteilnehmenden selbst, aber auch der eingesetzten Ordnungskräfte sowie von Passanten und insbesondere Anwohnern an der Vermeidung einer übermäßigen Lärmbelästigung die Zahl der eingesetzten Trommeln zu begrenzen, ohne dass es hierfür der Darlegung einer konkreten Gesundheitsgefährdung bedürfte. Der Schutz unbeteiligter Dritter vor Immissionen, die von einer Versammlung ausgingen, greife vielmehr schon unterhalb der Schwelle der andernfalls drohenden Gesundheitsgefahr ein.

Das verfassungsrechtlich geschützte Ziel, durch den Einsatz akustischer Hilfsmittel - hier der Trommeln - die Aufmerksamkeit auch von Nichtteilnehmenden zu erlangen, werde aufgrund der seit Oktober 2023 zweiwöchentlich stattfindenden Versammlungen unter dem Einsatz der auch hier erlaubten 15 Trommeln offensichtlich erreicht. Mit der Zahl von erwarteten 3.000 bis 5.000 Teilnehmenden gehe eine hohe Lärmbelastung einher. Darüber hinaus habe die Antragsgegnerin der Antragstellerin über die Begrenzung der Anzahl der Trommeln hinaus keinerlei Vorgaben gemacht, sodass es dieser unbenommen bleibe, diese auf den gesamten Demonstrationszug zu verteilen oder aber diese als Blockformation an die Spitze des Zuges zu setzen und die Demonstration so wirkungsvoll anzukündigen. Die Trommeln hätten lediglich eine dienende Funktion und seien nicht etwa tragendes Mittel zur Vermittlung des Versammlungsanliegens. Soweit damit insbesondere die Aufmerksamkeit der Anwohner erzwungen werden solle und die mit dem Einsatz der Trommeln einhergehende Lärmbelastung nicht nur Nebenfolge der Demonstration sei, sei dies von dem Schutz des Art. 8 Abs. 1 GG nicht mehr umfasst.

Neben den 15 Trommeln seien im Übrigen weitere Akustikverstärker wie Megaphone, Lautsprecherwagen, Musikanlagen sowie Lärminstrumente wie Trillerpfeifen zum Zweck der Kundgebungsinhalte zugelassen, sodass bereits eine erhebliche Lärmbelastung für die Anwohner bestehe. Ferner könne nicht außer Acht gelassen werden, dass die Anwohner bereits enorm dadurch belastet seien, dass seit Oktober 2023 14-tägig Demonstrationszüge zum Hambacher Schloss unter dem Einsatz auch von 15 Trommeln durchgeführt würden und ab 1. Juni 2024 dies gar wöchentlich stattfinden solle.

Sofern die Antragstellerin als milderes Mittel eine Verteilung einer nicht näher bestimmten Anzahl an Trommlern auf den gesamten Demonstrationszug unter Einhaltung nicht konkret bestimmter Abstände vorschlage, könne die Kammer darin kein milderes gleich geeignetes Mittel erkennen. Insbesondere würde dies im Ergebnis zu einer noch größeren Belastung der Anwohner führen, da diese über den gesamten Zeitraum des Vorbeiziehens des Demonstrationszuges mit einer gleichmäßig hohen Lärmkulisse durch eine nicht weiter begrenzte Anzahl an Trommlern belastet würden. Auch der Vorschlag, den einzelnen Gruppen von Trommlern 15-minütige Spielzeiten und daran anschließend eine 5-minütige Ruhepause zu verordnen, sei bereits aus Praktikabilitätsgründen abzulehnen, da nicht erkennbar sei, dass dies tatsächlich vor Ort bei einer zu erwartenden Teilnehmerzahl von 3.000 bis 5.000 Personen zuverlässig koordiniert und kontrolliert werden könnte.

Gegen den Beschluss ist das Rechtsmittel der Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz zulässig.

Verwaltungsgericht Neustadt, Beschluss vom 16. Mai 2024 – 5 L 546/24.NW –

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